Stimmtherapie

Der Stimme Ausdruck geben.

Unsere Emotionen drücken wir zu einem großen Teil über unsere Stimme aus. Ob wir entspannt, aufgeregt, traurig, zornig, erfreut, überrascht sind – ein aufmerksam hörendes Gegenüber wird unsere Gefühlslage anhand unseres Stimmklanges zumindest in der Tendenz erkennen.

Stimmstörungen beginnen dort, wo der persönliche Ausdruck der Stimme beeinträchtigt ist. Manchmal sind es nur bestimmte Situationen, in denen uns eine klare Stimmgebung schwer fällt, wenn wir vor vielen Leuten eine Rede halten müssen und uns vor Aufregung die Stimme versagt, wir uns in einer lauten Umgebung Gehör verschaffen müssen und unsere Stimme dadurch überstrapazieren oder im Dialog mit bestimmten Personen, zu denen wir kein geklärtes Verhältnis haben, stimmliche Schwierigkeiten auftreten.  Ein Hauchen oder Knarren der Stimme, ein verlufteter oder sehr fester Stimmeinsatz deuten zudem häufig auf ein unzureichendes Luftmanagement hin.

Gibt es durchgängige Schwierigkeiten in der Stimmgebung, ist eine Befundung durch den HNO-Arzt oder Phoniater ratsam, der organische Störungen vor Beginn einer etwaigen Therapie ausschließen kann.

In jeder Form von Stimmpflege steht die Frage im Zentrum, wie die Stimme in ihre Kraft kommt, ohne Kraft selbst einzusetzen. Hier geht es um die Wahrnehmung und Ökonomisierung gesamtkörperlicher Prozesse. Auf verschiedenen Ebenen des Körpers werden bei Stimmstörungen Energien blockiert, das freie Fließen der Stimme wird somit verhindert. Die Unfähigkeit, Emotionen auszudrücken, Emotionalität zuzulassen, Krisensituationen oder gar Traumata können sich mit gravierenden Folgen im Körper und demnach in der Stimme festsetzen, hier kann ein langsames Freiwerden und „Einschmelzen“ der Blockaden Therapiebestandteil werden.

Ein häufiges klinisches Bild einer Stimmstörung ist das der funktionellen Dysphonie, also einer Beeinträchtigung der Artikulation und Stimmgebung im Ansatzrohr, die auf einem inoptimalen muskulären Zusammenspiel der Stimmmuskeln beruht.  Langfristig können Dysphonien auch zu organischen Schädigungen des Stimmapparates führen.

Dysphonien werden manchmal noch plastischer in bestimmten Singstimmlagen wie den Registerübergängen der Stimme, weil die Stimme höheren Schwingungen und Spannungsverhältnissen sowie größerer Belastbarkeit ausgesetzt ist. Insofern kann die Hinzunahme der Singstimme in der Therapie gelegentlich eine breitere Basis für die Beurteilung einer Gesamtperformance der Stimme  bieten – und auch viele Chancen, wenn man bedenkt, dass die klassische Gesangsausbildung mit ihren extrem fein abgestimmten Prinzipien eine konsequente Körperbeherrschung voraussetzt, mit deren Hilfe man unverstärkt große Räume füllen kann und stimmlich über ein Orchester hörbar ist.

Eine wichtige Rolle in der Stimmtherapie spielt die Eutonisierung des Körpers durch z.B. die „Regenerationskreise“ nach Schlaffhorst-Andersen: Tönen, Schwingen, Kreisen, Rhythmisieren, Atmung. Unter Einsatz von ergotherapeutischen Medien – Therabänder, Therapiekreisel, Tennisbälle, Pezzibälle, Jongliertüchern – werden stimmliche Phänomene plastisch dargestellt und dem Organismus neue Impulse gegeben, eine neue Ordnung zu schaffen.</p>
<p style=“text-align: left;“>Bewegung führt die Stimme – eine immer wieder erstaunliche Erfahrung. Die Aufforderung, zur Stimmgebung eine bewußt ausgewählte Bewegung zu machen, führt dazu, daß sich Störungen am Bewegungsbild ablesen und damit sogar beheben lassen.

Jenseits des therapeutischen Kontextes lassen sich verschiedene Ziele für die Stimme erarbeiten: Die eigene Stimme der Situation angemessen einsetzen, eine dynamische Bandbreite der Stimme entwickeln, den Stimmklang im Raum erfahren, der Belastung im Alltag von Sprechberufen mit effektiven Methoden vorbeugen –  dies zeigt nur eine kleine Auswahl der reichhaltigen Möglichkeit einer Stimmarbeit.